Fachtheorie 4: Montagetheorie
Zusammen/Schneiden: Schnitttechnik und Montagetheorie
Im Film werden Bilder „zusammengeschnitten“ – diese merkwürdige Formulierung zeigt bereits einen grundsätzliche Widerspruch: Schnitt und Montage funktionieren sowohl verbindend, wie trennend. Schnitt und Montage schaffen Zusammenhang zwischen einzelnen Bildern und markieren zugleich Differenz.
In diesem Modul sollen anhand einer Vielzahl konkreter Beispiele aus dem Dokumentarfilm und Essayfilm, sowie dank der Lektüre grundlegender Texte zur Montagetheorie diese paradoxen Möglichkeiten des Filmschnitts untersucht werden. Welche theoretischen Überlegungen stehen hinter konkreten Entscheidungen beim Filmschnitt? Welche ästhetischen Möglichkeiten, aber auch Probleme ergeben sich dank Montage? Und auf welche Art und Weise, schriftlich oder visuell, lassen diese sich beschreiben?
Dabei soll der Begriff der Montage bewusst weit gefasst werden. Neben analogen Montagetechniken, sowie Montagetechniken auf akustischer Ebene, sollen insbesondere auch digitale Montagetechniken analysiert werden. Was bedeutet es, wenn in der digitalen Filmproduktion Montage nicht mehr nur zwischen den Bildern, sondern auch in diesen drin stattfindet? Wie verändern solch Schnitttechniken unsere Begriffe von Montage, von Bild und Frame? Wie gehen wir mit diesen Erweiterungen und Entgrenzungen der Montage um?
An drei intensiven Tagen sehen wir uns gemeinsam in diese Möglichkeiten der Montage hinein, diskutieren und schneiden gemeinsam das Gesehene neu um.
Geplanter Verlauf 2020:
Experimente der Montage
Lektüre: • Walter Murch: In the Blink of an Eye: A Perspective on Film Editing, Los Angeles 2001 (Auszüge) • Béla Balázs: „Montage (1930)“ in: Helmut Diederichs (Hg.): Geschichte der Filmtheorie, Frankfurt a. M. 2004, S. 279-287.
Hauptfilm: Dziga Vertov: MANN MIT DER KAMERA (UdSSR 1929)
Ausserdem (u.a.): • Kurzfilme von Christoph Girardet & Matthias Müller • evtl. Beispiele von Studierenden
Politik der Montage
Lektüre: • Gabriele Voss: Schnitte in Raum und Zeit. Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie, Berlin 2006 (Auszüge) / • Johannes Binotto: „Schnitt, Wunde, Trauma“ in: Filmbulletin, 6.18 (2018), S. 24-25.
Hauptfilm: Regina Schilling: KULENKAMPFFS SCHUHE (D 2018)
Ausserdem (u.a.): • Hartmut Bitomsky: DAS KINO UND DER WIND UND DIE PHOTOGRAPHIE (D 1991) • Alain Resnais: HIROSHIMA, MON AMOUR (F 1959) • evtl. Beispiele von Studierenden
Zukunft der Montage
Lektüre: • Lev Manovich: The Language of New Media, Cambridge, Mass. 2001 (Auszüge).
Hauptfilm: Surprise!
Ausserdem: • Kevin B. Lee: TRANSFORMERS: THE PREMAKE (USA 2014) • Chloé Galibert-Laîné: THE EYE WAS IN THE TOMB AND STARED AT DANEY (F 2017) • Orson Welles: CITIZEN KANE (USA 1941)
• evtl. Beispiele von Studierenden
Ein Schnitt, ein Satz
Ein Schnitt von Dziga Vertov, ein Satz von Walter Murch oder Béla Balázs.
Footage/Text
Eine Einstellung aus Regina Schillings Found Footage Essayfilm KULENKAMPFFS SCHUHE kombiniert mit einem Satz aus Christa Blümlingers Aufsatz „Zwischen den Bildern/Lesen“ oder Béla Balázs‘ Der Geist des Films.
Collage
Eine Collage aus visuellem und textuellem Material. Argumentation und Assoziation in Form von Zusammenstellungen.