Videoessay-Special @VIDEOEX 2023

Am Freitag 26.5.2023 um 21:15 zeigt das Experimental Film & Video Festival VIDEOEX als Special eine Auswahl meiner Videoessays. Ich zeige und diskutiere Videos aus meiner Serie „Practices of Viewing“ in der um neue Medien und alte Techniken geht, um vergangene Geschichte und aktuelle Sehgewohnheiten und wie beides miteinander zusammenhängt. Das experimentelle Kino wird so auch zu einer Lektion in verändertem Sehen und zur Einladung ans Publikum, an den eigenen Geräten unerwartete Wahrnehmungsveränderungen auszuprobieren.

Tickets und alle Infos unter: https://videoex.ch/videoex/festival-2023/programm-2023/special-videoessays-von-johannes-binotto/


Entlarvungen. Zur Filmsprache von Georges Franju

21.2.2022; 18:00 / Filmpodium Zürich (Nüschelerstrasse 11)

Die Obsession für Masken, Larven, Fälschungen und fingierte Identitäten ist in Georges Franjus Filmen immer auch gekoppelt an ihr scheinbares Gegenteil: an die Lust, mit sezierender Präzision das freizulegen, was sich hinter den Fassaden, unter der schützenden Haut befindet. In seinen Filmen herrscht ein ständiges Wechselspiel zwischen unheimlicher Verpuppung und entsetzlicher Entblössung. Darin ähnelt Franju seinen Vorbildern Sigmund Freud und Marquis de Sade wie auch dem maskierten Mörder Fantômas. Doch er entwickelt daraus eine ganz eigene Bild- und Tonsprache, die viele Filmschaffende vergeblich zu imitieren versuchten. Anhand zahlreicher Filmausschnitte und im Dialog mit Bild- und Textstücken geht der Kultur-und Medienwissenschaftler Johannes Binotto den filmischen Operationen von Georges Franju nach und will gemeinsam mit dem Publikum dem grossen Chirurgen des Kinos bei der Arbeit auf die Finger schauen.

https://www.filmpodium.ch/event-details/88262/entlarvungen-zur-filmsprache-von-georges-franju-filmvortrag-von-johannes-binotto

Miami Vice, no way out

I always felt that the TV show MIAMI VICE despite being known for its splashy neon colors is in fact an extremely dark meditation on futility and desperation. And the longer I watched I saw that this feeling of being caught in an endless return of the same is not only embodied by the characters who lose themselves in all those similar fake identities they have to take on repeatedly, but also in the show’s visual tropes, like the circling wheel of Sonny Crockett’s car that keeps moving while at the same time standing still in the middle of the frame. I knew these things.

But only when working on my little video essay TV DICTIONARY – MIAMI VICE I realized that in the seminal scene of the show we not only have all the visual tropes of the show but even a direct crossing-the-line that breaks with the 180-degree-rule: While in the first image the characters are driving from right-to-left (a direction, by the way, that feels like a backward movement) they are driving from left-to right in the next shot.
However, this break with the continuity system gives us the exactly appropriate impression: the feeling that these characters only pretend to move somewhere but are instead only going back and forth and moving in circles. On a journey where you move from right to left and from left to right at the same time there is no way out. Like riding on a möbius strip.

I am surprised, that I never saw it so clearly before. Once again, the video essay is not just the result or a representation of my research but is itself a form of research. While I was trying to show the things I knew, I encountered those other things I didn’t know before.

But, Now, But

For tomorrow’s session in my seminar on the essayistic I asked the students to read Virginia Woolf’s essay „How Should One Read a Book?“ – an essay that was first started in 1925, presented as a lecture for school girls at Hayes Court the following year, later revised for publication in the  Yale Review, revised again and finally included in her 1932 Second Common Reader as the concluding essay. A text that is not talking about reading as a definite skill, not as  a strategy, but as a journey and an experiment.
But when looking at the transcription of her manuscript, presented by Beth Rigel Daugherty in the Woolf Studies Annual Vol. 4 (1998) I come across this passage here.

 

It is undoubtedly one of the most crucial passages of Woolf’s text – remaining central in all its many versions – where the author is not only making clear that to read always means to read again (something that also Roland Barthes will argue forty years later in S/Z) but that to read eventually also means to write. Readers must become authors and the supposedly passive audience is to be imagined as active producers.

And I am struck by how in this very moment the manuscript shows how difficult, how painful, the act of writing can become. How Woolf begins and halts, how she writes the words and crosses them out and begins writing them anew. To me it is as if this very hesitancy, this stop-and-go is the perfect scriptural embodiment of this trembling between reading and writing; making us viscerally aware that in both reading and writing you are never on safe ground, never on a clear path but just feeling our way forward. The way to begin exists only as crossed out. We start anew. Now. But.

 

 

Aus dem Archiv: Gespräch mit Liselotte Pulver

Am 26. März 2021 wird die Schauspielerin Liselotte Pulver den Ehrenpreis des Schweizer Filmpreises verliehen. Gelegenheit, mich an die Retrospektive zu erinnern, die ich gemeinsam mit Nicole Reinhard für das Stadtkino Basel kuratiert habe (meinen Essay zur Reihe gibt es: hier) und vor allem an den Abend am 7. Dezember 2014, wo ich mit der Schauspielerin dieses lange Gespräch führen durfte. Ich glaub, ich war noch nie so aufgeregt. Zu hören ist die Aufregung wohl nicht, meine Begeisterung aber bestimmt. 

 

 

Die Aufnahme und weitere Bilder von dem Abend gibt es auch auf der Homepage des Stadtkino Basel zu sehen und zu hören: https://www.stadtkinobasel.ch/galerie/2014/liselotte_pulver/167

Bilder: Diana Pfammatter

 

„Uchruut“, oder: Schweizer Ressentiments im O-Ton

Eigentlich wollte ich nur einen knappen Hinweis auf das Hörspiel «Uchruut» von 1985 schreiben, diesen heimlichen Klassiker des Dialekthörspiels, der nun vom Schweizer Radio wieder ausgegraben worden ist (woran ich sogar selber ein wenig mitschuldig bin). Jetzt ist doch was Längeres  draus geworden.

Die Nachbarn treffen sich reihum zum Grillieren. Thema sind die Ferien von Sonja und Klaus oder der Kartoffelsalat (mit und ohne Zwiebeln), das neue Auto („ein Japaner“), das Fensterputzen oder Cäsis Scheidung, vor allem aber und unentwegt: der Garten und dessen Pflege. Kein Wunder wird da der Lehrer, der ebenfalls im Quartier wohnt, aber seinen Garten wild wuchern lässt (oder zumindest nicht laufend trimmt) zum gemeinsamen Hassobjekt. Als eines Abends eine teure Rose (mit Namen „General Guisan“) im Blumenbeet fehlt, eskaliert der Gartenfetischismus. Was mit Drohungen und Mordfantasien anfängt, endet mit Hausfriedensbruch. Wutbürger mit Rasenmäher verteidigen das Reduit.

Ein einziges mal ist das Hörspiel gesendet worden, damals in den Achtzigerjahren, und mein ältester Bruder Thomas hat es auf Kassette aufgenommen. Es hat sich seither in unserer Familie zum Klassiker entwickelt. Es ist das Hörspiel, von dem ich jeden Satz auswendig rezitieren kann und das ist für einmal nicht nur eine Floskel, sondern buchstäblich wahr (Bekannte können das bestätigen). 

Ich kenne nichts, weder als Film, Buch oder Hörspiel, das so präzise Schweizer Biederchauvinismus, Bünzlitum, Einfamilienhausideologie, Alltagssexismus und Stammtischsprech porträtiert, einfach indem man den Figuren und ihrer Sprache ganz genau zuhört. Wie brilliant das ist, lässt sich mit einzelnen Zitaten kaum zeigen, denn statt in Punchlines und Pointen entsteht die Satire im gesamten Verlauf von Gesprächen, bei denen sich die Personen eigentlich nie zuhören, sondern immer nur auf die Gelegenheit warten, auch noch die eigene besserwissende Meinung zum Besten zu geben. Man soll mal nur am Anfang zuhören, wie da Alice noch rasch die Betten macht, ihr Mann Hans nochmal den Rasen mäht, damit nachher niemand „dumm schnörre“ kann und der zu früh eingetroffene Cäsi auf ein Bier spienzelt und wie da jede Äusserung nur dazu dient, passiv-aggressiv noch eins drauf zu geben. Zwischenmenschliche Kommunikation als Jasspartie voller Ressentiments. 


(Markus Kägi, Foto: CUNÉGONDE PETER)

Ich war lange überzeugt, dass dieses Hörspiel eigens im Schweizer Dialekt konzipiert gewesen sein musste, so genau fängt es die hiesigen Mentalitäten ein und war umso überraschter, dass das Stück vom Autor Fitzgerald Kusz ursprünglich auf deutsche Verhältnisse gemünzt war. Das macht die Leistung Markus Kägis, Übersetzer und Regisseur der Schweizerfassung, umso beeindruckender. Dialektdialoge schreiben zu können, gehört bekanntlich mit zum Schwierigsten. Das merken wir jedes mal, wenn uns schon kleinste Formulierung in einem Schweizer Mundartfilm peinlich scharf auffallen, die offenbar Hochdeutsch im Treatment standen und dann in Dialekt übersetzt wurden. Wenn nach Drehbuch Mundart gesprochen wird herrscht allzu oft #cringealarm.

Markus Kägi müsste man allen als Scriptconsultant verschreiben, wäre er nicht schon 1990 an AIDS verstorben. Leider nur gerade 35 Jahre alt ist Kägi geworden. Als schwuler Mann in der Schweiz der Siebziger und Achtzigerjahre hat er selber zu eben jenen gehört, die von der Bünzlinachbarschaft in «Uchruut» nur ausgegrenzt würden. Vielleicht hat er deshalb so ein gutes Gehör gehabt, um deren gemeinsamen, gemeinen Sound abzulauschen, sozusagen über den Gartenzaun hinweg.

«Uchruut» steht bis am 11.11.2020 zum Nachhören und als Download zur Verfügung:
https://www.srf.ch/sendungen/hoerspiel/uchruut-von-fitzgerald-kusz

Vereinigung und Verunreinigung aller Phänomene

Das Tableau aus Alexander von Humboldts und Aimé Bonplands „Versuch über die Geographie der Pflanzen“ – ein transmediales Vexierbild, wo statt Pflanzen deren lateinische Namen auf dem Berg wachsen.

Die im Text genannte „réunion de tous les phénomènes et de toutes les productions“, die hier dargestellt werden soll, geht dabei sogar noch weiter als von den beiden Autoren beabsichtigt: Links wo sich die Wolken vor den Berg schieben, sehen diese plötzlich aus als würde sich dort der Wald lichten und rechts wo der Wald aufhört ist man sich nicht immer sicher, was noch Zeichnung und was bereits Buchstabe ist.

Zu diesen Vexierbildüberlagerungen gehören für mich dann auch die Stockflecken und Wasserränder im Textteil. Obwohl nicht von den Verfassern, sondern von der Zeit selbst ins Buch hineingezeichnet sind sie trotzdem signifikante Zeichen, wie etwa dafür, dass Bücher nicht nur Texte, sondern eben auch materielle Objekte sind, die altern und die benutzt und beschmutzt werden.

[Zu diesem Tableau und seiner Lektüre schaue man sich unbedingt auch in Tobias Krafts Buch Figuren des Wissens bei Alexander von Humboldt (Berlin/Boston 2014) um, Seite 148 und folgende.]

Seeing in Reverse

There is this moment in Nunnally Johnson’s 1956 adaptation of „The Man in the Gray Flannel Suit“ which haunts me since the first time I saw this film: It occurs when the back view of a fellow train passenger serves as a sudden reminder for the protagonist’s war experience. To me, this shot of the other man’s back always felt much more ominous and uncanny than what its supposed narrative function in the story is. Instead of providing an elegant visual transition into the protagonist’s memory, the shot gets a life of its own. Like a hole, an abyss in the smooth stream of images, this strange shot is felt as an instance of disruption.

And this shot starts to connect with other similar cinematic moments which struck me, like the weird back view photographs, reversed mug shots so to speak, of fireman Montag in Truffaut’s „Fahrenheit 451“ or those uncomfortable shots from behind the back seat in Ida Lupino’s „The Hitch-Hiker“.

The question entailed in these back view images is a philosophical one. Interestingly enough, stronger than a face directly addressing the camera the back view brings into play my own bodily experience by making me think about the back of my own head. What in cinematic terms is called the off-screen-space or the hors-champ, that part of space not seen on the screen, this is also what we all carry with us as the back of our heads: undoubtedly part of me, yet never directly visible to me; right there, where I look with my eyes, but behind them, on the other side, on the reverse of seeing.
Cinematic back views both point to what is unknown in and about our own bodies and our own perception as well as to cinema’s own unknown: the mysterious off-space that – by definition – always escapes the camera lens.

Thus, the back view is an impossible image made possible. Like in the famous painting by Magritte of the mirror that reflects one’s own back side, so too are the back views in cinema images of the impossible: a visual encounter with what cannot be seen.

At a conference at the Filmmuseum in Vienna I first tried to further outline these thoughts and some of it later reappeared in a close reading for Filmbulletin of the above mentioned scene from „The Man in the Gray Flannel Suit“.

But it seems that the topic is still haunting me. I had to go back to those back views, now in form of a video essay.

 

Onwardness as task

As far as I know, Stanley Cavell never wrote about the films of John Cassavates. But I always thought that Cassavetes’ films, so distinctly american, concerned with the ordinary and so jazzy in rhythm would speak to this thinker of the american, of the ordinary and who himself started out as a jazz musician. 

But particularly Cassavetes’ endings which – against all odds – refuse to let the characters be swallowed up by despair but which instead show them moving forward, not into some naive happy resolution but into some yet undecided outside always made me think of Cavell and what he called (with Emerson) „the unattained but attainable self“.

This video essay shows these two american philosophers of onwardness in direct conversation – a conversation they never actually had but are still having, in my mind. Cavell and Cassavetes: an encounter on some ordinary street, at the end of a movie.

[On endings in Cassavetes see: Plädoyer für ein Kino der Barmherzigkeit]

 

 

Interlude: Interior

A place to suffer, the set as psyche: Interior design in Douglas Sirk’s underrated masterpiece INTERLUDE from 1957 exteriorizes paranoid minds and neurotic relationships into furniture, wallpapers and sickly colors. Everything becomes make-believe in this room and is seen as such. The chair looks painted, a trompe-l’œil like the vista on the wall behind it. But the irreality of the scene does not diminish its claustrophobia. On the contrary. In a room like this there is no way out.

The image deteriations in the film copy I used add to the overall effect: With the color fringing at the borders the main characters looks as painterly as their surroundings. The color is seeping at the seams – drained characters, literally. Thus, the misaligned color which renders human figures less realistic aligns them with the excessive illusionism of painted space. „In mourning it is the world which has become poor and empty; in melancholia it is the ego.“ says Freud. 

Melancholia is not only what the character of the manic-depressive Reni suffers from but all protagonists and this very film itself. Set in a Munich all bright and gay, with Hitler’s buildings seen from taxis carrying american tourists to their temporary homes. Lucky those, which can visit these places just as the title says, as an interlude. But those in it do not get out.

Frankenstein, quer gelesen

Im Podiumsgespräch im Filmpodium Zürich vom 29.1.2019 habe ich mit Elisabeth Bronfen über Mary Shelleys Frankenstein, sowie über die verschiedenen Film-Adaptionen gesprochen und wie diese einen schrägen Blick auf den Stoff aber auch seine Autorin erlauben. Geschlechterverhältnisse, Queerness, weibliche Autorschaft oder das Trauma des Krieges – alles zeigt sich, verblüffend neu und anders, gesehen durch die Optik des Frankenstein-Komplexes.

Ghosting Peyton Place

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When watching once again Mark Robson’s 1957 Hollywood adaptation of Grace Metalious‘ PEYTON PLACE, my iPad gave me this haunting present of an image. Lana Turner changing body within a single shot – a pure accident and at the same time a perfect metaphor for the production history of the whole PEYTON PLACE franchise – which tells a history of remediation and repression, excavation and exorcism, scandalization and serialization.
In this neurotic family novel a forbidden book gives birth to a completely reshaped movie, which in turn gives birth to another novel, which in turn gives birth to a once again completely different movie, which in turn gives birth to one of the first American TV-soaps, which in turn gives birth to a book of poetry.

Dazu: CONTINUING PEYTON PLACE: DAS MELODRAMA UND SEINE BASTARDE

Paul Schrader in Discussion

June 2nd 2018 at the Bildrausch Filmfest in Basel I had the opportunity to listen to Paul Schrader lecturing on his seminal book „Transcendental Style in Film“ and his most recent  re-evaluation of its concepts. Afterwards (starting at 00:34:00) I was lucky to join him on the podium for a discussion. (I was particularly happy to sneak in a question about a possible film aesthetics of Kierkegaards „leap of faith“ and hearing Paul talk about the „decisive moment“.)

The video of the event, hosted by Bildrausch in cooperation with Balimage can now be seen on online:

 

You may also want to check out my close reading of a scene in one of Paul Schrader’s most underrated masterpieces: «Kontakt, gestört: Zu Paul Schraders THE CANYONS»

Signal und Rauschen am Rio de Guancabamba

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In der dritten Auflage seines Buchs «Ansichten der Natur» von 1849 berichtet Alexander von Humboldt in seinen Beschreibungen der Reise durch Peru auch von der mehrfachen Überquerung des Rio de Guancabamba und der damit einhergehenden Gefahr:

«Der kleine kaum  120 bis 140 Fuß breite Gießbach was so reißend, daß unsere schwer beladenen Maulthiere oft Gefahr liefen in der Furth fortgerissen zu werden. Sie trugen unsre Manuscripte, unsre getrockneten Pflanzen, alles, was wir seit einem Jahr gesammelt hatten. Man harret dann am jenseitigen Ufer mit unbehaglicher Spannung, bis der lange Zug von 18 bis 20 Lastthieren der Gefahr entgangen ist.»

Im Strom des Flusses drohen die eigenen Schriften fortgeschwemmt werden. Umso interessanter ist es, wie unmittelbar auf diese Stelle Humboldt auch davon berichtet, wie eben dieser Fluss als Transportroute verwendet wird:

«Derselbe Rio de Guancabamba wird in seinem unteren Laufe, da wo er viele Wasserfälle hat, auf eine recht sonderbare Weise zur Correspondenz mit der Südsee-Küste benutzt. Um die wenigen Briefe, welche von Truxillo aus für die Provinz Jaen de Bracamoros bestimmt sind, schneller zu befördern, bedient man sich eines „schwimmenden Postboten“. Man nennt ihn im Lande „el correo que nada“. In zwei Tagen schwimmt der Postbote (gewöhnlich ein junger Indianer) von Pomahuaca bis Tomependa, erst auf dem Rio de Chamaya (so heißt der untere Theil des Rio de Guancabamba) und dann auf dem Amazonenstrome. Er legt die wenigen Briefe, die ihm anvertraut werden, sorgfältig in ein weites baumwollenes Tuch, das er turbanartig sich um den Kopf wickelt. Bei den Wasserfällen verläßt er den Fluß und umgeht sie durch das nahe Gebüsch. Damit er von dem langen Schwimmen weniger ermüde, umfaßt er oft mit einem Arm einen Bolzen von leichtem Holze (Ceiba, Palo de balsa) aus der Familie der Bombaceen. Auch wird der Schwimmende bisweilen von einem Freunde als Gesellschafter begleitet. Für den Proviant brauchen beide nicht zu sorgen, da sie in den zerstreuten, reichlich mit Fruchtbäumen umgebenen Hütten der schönen Huertas de Pucara und Cavico überall gastliche Aufnahme finden.
Der Fluß ist glücklicherweise frei von Krokodilen; sie werden auch in dem oberen Laufe des Amazonenstroms erst unterhalb der Katarakte von Mayasi angetroffen. Das träge Untier liebt die ruhigeren Wasser.»

Exemplarisch führt diese (auch als Kupferstich festgehaltene) Szene Humboldt als Forscher vor, der den einzelnen Untersuchungsgegenstand nicht isoliert, sondern als in lauter Interaktionen eingebettet sieht. Ihm geht es darum, «Erscheinungen der körperlichen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhange, die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes aufzufassen», wie es später in der Vorrede seines «Kosmos» programmatisch heisst.

Der Fluss, dessen Gefälle, Besiedlung und Bewuchs Humboldt beschreiben wird, ist neben Naturerscheinung unweigerlich auch Kommunikationskanal, dessen reibungsloses Funktionieren freilich ohne fatale Kehrseite nicht zu haben ist: Dass auf dem Fluss Briefe erfolgreich transportiert werden ist nur das Gegenstück davon, dass er auch ganz ungewollt Manuskripte wegschwemmen könnte. Im Rio de Guancabamba fliessen Signal und Rauschen immer schon zusammen.
Und auch sonst ist die Beschreibung medientheoretisch instruktiv: die Botschaft auf Papier, wird in Stoff aus Baumwolle und dieser wiederum um den Kopf der schwimmenden Boten gewickelt, welche sich ihrerseits an Holzstücken festhalten. Kein Wunder vermochte Humboldt sich bei seiner Forschung nie auf ein einziges Gebiet beschränken, weil ihm viel zu offensichtlich war, wie alles zusammenhängt: Der Turban als Kopfputz ist zugleich Briefkasten und die vom Botaniker zu bestimmende Baumsorte am Ufer zugleich Schwimmhilfe, also Medium. Auch die weiteren Informationen zu Fauna, Flora und menschlicher Besiedlung der Umgebung sind nicht nur je für den Zoologen, Botaniker und Anthropologen interessant, sondern auch im Bezug aufeinander und auf die schwimmende Post wesentlich: ohne mitagierende Akteure wie Fruchtbäume, grosszügige Anwohner und fehlende Krokodile lassen sich Briefe nicht erfolgreich verschicken.
Am Rio de Guancabamba wie auch sonst auf seinen Reisen beschreibt Alexander von Humboldt die Welt nicht als Sammlung von Einzelheiten, sondern als Netzwerk. Darin, und weniger in den jeweiligen einzelnen Forschungsdaten bestand seine Innovation.

Alexander von Humboldt: Ansichten der Natur, mit wissenschaftlichen Erläuterungen [1849]. Nördlingen: Franz Greno 1986, S. 445-446.
Bild aus: Alexander von Humboldt: Das graphische Gesamtwerk. Darmstadt: Lambert Schneider 2014,  S. 87.

Architektur filmen. Podium zum Nachhören

An den letzten Solothurner Filmtagen durfte ich im Rahmen der „Rencontre“ mit dem Regisseur Christoph Schaub und dem Architekten Marcel Meili ein Podium zum Thema „Architektur filmen“ bestreiten. Moderiert wurde die Runde von Rahel Marti, Stv. Chefredaktorin Hochparterre.

Via Homepage der Filmtage kann man das Podium nun hier nachhören:

 

Grund für meine Einladung war nicht zuletzt auch das Buch Film|Architektur. Mehr dazu in der Sektion Bücher.

TOUCHING SOUND

Password: ts

The object of sound – elusive and not translatable into musical notation – is conserved in records and tapes and filmstrips, which allow to dissect and isolate what before was „fleeting and tied to the passage of an irreversible and irrecoverable period of time.“

Picking up on Pierre Schaeffer’s musical theory, this video essay looks at the final scene from Robert Aldrich’s KISS ME DEADLY as an event of concrete sound. What comes out of Pandora’s box is nothing but radioactive sound, traversing all boundaries including the one between diegesis and extradiagesis, leaving its mark even on the surface of the film material and on the character’s hands.

Their gestures mirror my own videographic practice: with my fingers on the keyboard, clicking from sound bite to sound bite I am feeling my way through the film, hoping to touch upon these moments, which otherwise would go unnoticed. My video essay is handiwork in the literal sense: the jerking movements of the image and the irregular stutter of the soundtrack is a result of my hands intervening in the course of the film, getting my fingers burnt. For research purposes. Best experienced with headphones.

[No additional sounds have been used in the making of this video. The stroboscopic audio is nothing but the original soundtrack, dissected and interrupted by my clicking manually from frame to frame.]

Endless Regression: Looping Jerry Lewis

Jerry Lewis‘ philosophy of video: Lewis‘ comedy of playback is also a meditation on the technology he relied on in the production of his films. Looping a scene from Lewis‘ film „The Patsy“ (1966) shows how the loops of the electronic video signal are included in the very illusion they helped to fabricate. The mise-en-abyme of his film is short circuiting the funny with the claustrophobic.

Turning the Screw

„Und eben darum geht es in Jacques Tourneurs „Out of the Past“: wie Schrauben angezogen werden und Menschen dabei in die Klemme geraten. Zusammen mit der wiederkehrenden Vergangenheit dreht sich die Schraube des Schicksals, bis man nicht mehr freikommt.
Um freilich zu begreifen, wie sehr dies in diesem Film nicht nur narratives Prinzip, sondern auch visuelle Logik ist, lohnt es sich, wenn auch wir Zuschauer so wie der Junge taub werden und uns, statt auf Gesagtes, auf das Gezeigte konzentrieren. Wer sich „Out of the Past“ wieder anschaut, soll darum am besten mal den Ton in dieser Szene wegdrehen oder sich zumindest die Ohren zuhalten. Wer den akustischen Bericht ausschaltet, erkennt so nämlich nur genauer, was Tourneurs Einstellungen eigentlich schon alles erzählen. Der Dialog zwischen Jeff und dem Gangster, ist ebenso wie dessen Lächeln nur Ablenkung, darauf angelegt, harmlos zu erscheinen. Dass wir die Bedrohlichkeit der Situation gleichwohl sofort spüren, liegt hingegen an den Filmbildern selbst und an all den Zeichen, die in ihnen ausgestreut sind.“

Den ganzen Essay gibt es zu lesen hier: Die Drehungen der Schraube

Breaking up

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This video will self-destruct in 4 minutes and 4 seconds. That’s the time it takes the Calvin Harris music video „My Way“ directed by Emil Nava, to evaporate in a storm of glitches, both digital and natural.
As commentators have argued, Harris’ song may well be understood as hinting at the break-up between the artist and his former girlfriend singer Taylor Swift. The self-destroying imagery of Navas video thus may be read as a metaphor, taking the process of breaking-up literally, turning it into aesthetic concept: Till glitches do us part. More interestingly however, the unstable imagery of Nava’s video not only stands for those small incidents and irritations which will eventually lead to the end of any relationship, but rather reflect on the properties of the electronic medium as such. Picking up on Yvonne Spielmann’s notion of video as the „self-reflexive medium“ whose visuals „can properly be described as image only if we keep in mind that the electronic image is a constantly moving flow of signals“ the disfiguring glitches in Nava’s video are nothing but  figurations of the mediums own transformative qualities. „Because of its flexible, nonfixed, and unstable structure, video is an easy tool to adapt to all different kinds of media. […] And because it cannot have many features of its own, it does not constitute a real medium, but rather holds the position of an intermediary state, somewhere on the continuum between analogue and digital computers.“ This continuum between analogue and digital is also the realm of the glitch, as symptom both of hard- as well as software disfunction. And while the stupendous visual effects in „My Way“ may all be the result of digital wizardry, the video presents these as a mere continuation of those glitch-effects for which no computer is needed: a flicker of sunlight between the leaves blinding us, sand whirling up behind a car, a twitching hand  hidden underneath the table.

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Is it, that through being confronted with digital glitches, we begin to see those little incidences all around us as natural glitches? Or are we fascinated by the instabilities of digital imagery because we re-encounter something in them, we already know so well? In any case, what glitches are breaking up, is ultimately the false distinction between the natural and the digital. They affect us, both virtually and viscerally, putting us in the intermediary state video is said to occupy.

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La vague en fuite

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„Als ich A Bout de Souffle gemacht habe, war es das Ergebnis von zehn Jahren Kino. Ich habe zehn Jahre Kino gemacht, vorher, ohne Filme zu machen, aber es unentwegt versucht“
Jean-Luc Godard: Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos, München: Hanser 1981, S. 31.

Die Nouvelle Vague hat Kino gemacht, vor und nach dem Film. Auf Papier und Zelluloid gleichermassen.  Und wer sich die Filme von Philippe Barrel oder  Lionel Baier ansieht, wird das Gefühl nicht los, als sei die Welle noch immer nicht verebbt.
Am Samstag 22.10.2016, um 17:00 ist Godards Epoche machender A Bout de Souffle im Kino Cameo zu sehen. Und anschliessend an den Film werde ich mit Rolf Heusser zusammen ein Podiumsgespräch zur Geschichte und dem Erbe der Nouvelle Vague führen. Der Anlass ist zugleich auch eine Feier des einjähriges Bestehens des Cameo. Es zeigt sich: die Welle geht weiter.

http://www.kinocameo.ch/content/bout-de-souffle

Rück/Kehr zu Antonioni

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Auf dem Nachttisch des sterbenden Tommaso zu Beginn von Antonionis „La notte“ liegt die italienische Übersetzung von Brechts Fragment „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“. Der Auftritt dieses Buches ist auch als Schlüssel zu nehmen. So wie Brecht die Biographie des Helden Cäsar aus der Perspektive des Sklaven erzählt, um so Historie in eine andere Perspektive zu rücken, so verlangt auch Antonioni einen Perspektivwechsel im Blick auf filmisches Erzählen, so etwa, wenn er immer wieder die Figuren, die sonst im Zentrum der Erzählung stehen, zurücktreten lässt zugunsten jenes Raumes, in dem sie sich bewegen. Die Geschichte der anderen Seite, wie sie Brecht versteht, ist bei Antonioni buchstäblich zu nehmen: als Wechsel weg von den Figuren auf die andere Seite des Raumes.

Am 6.10.16 ist „La notte“ im Winterthurer Kino Cameo zu sehen, wobei ich die Filmeinführung machen werde. Gelegenheit für eine buchstäbliche Rück/kehr zu den Perspektiv-Wechseln, welche Antonionis Filme auszeichnen. Mehr dazu habe ich in einem früheren Text geschrieben: Verloren im Raum: Zu den Filmen Michelangelo Antonionis.

Ich als Kratzer: John Turturros Körper und „The Night Of“

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Zu schade, dass es den beeindruckenden HBO-Mehrteiler „The Night Of“ noch nicht gab, als vor zwei Jahren das Zürcher Kino Xenix eine Retrospektive zu den Schauspiel- und Regie-Arbeiten John Turturros machte. Mein Argument im damaligen Essay zur Filmreihe über die besondere Körperlichkeit Turturros und seine Spieltechnik als einer „Körper-Arbeit“ erscheint mir nun, nachdem wir ihn in seiner Rolle als an Ekzem leidendem Anwalt John Stone gesehen haben, nur noch treffender. Und die aus Michel Serres Buch Die fünf Sinne entlehnte Theorie einer Subjektivität, die sich als zwar genau lokalisier- aber auch verschiebbarer Punkt auf dem Körper zeigt, scheint wie geschaffen, um die eigentlichen Höhepunkte von „The Night Of“ zu beschreiben:
Serres benutzt das Beispiel der Nagelschere, ob der man sich seiner Körperlichkeit bewusst wird als Spannung zwischen Subjekt und Objekt: „Ich schneide mir die Nägel. Wo entscheidet sich das Subjekt? […] Ich versetze mich in den Griff der Schere hinein, das „ich“ befindet sich nun dort und nicht in der Spitze des Zeigefingers. Der Nagel: unbeholfen vor der stählernen Schneide; die Hand: feinnervig und geschickt bei der Ausführung des Schnitts. Das Subjekt linke Hand bearbeitet das Objekt rechter Zeigefinger. Die linke Hand hat teil an mir, ist von Subjektivität durchdrungen; die rechte Hand ist Teil der Welt. Wenn ich die Schere in die andere Hand nehme, verändert sich alles, oder nichts verändert sich. Das „ich“ füllt meinen linken Finger ganz  und gar aus; dessen Nagel schmiegt sich zärtlich und schamlos an die scharfe Schneide, während der Griff der Schere, der nun in meiner rechten Hand liegt, ganz von mir verlassen ist.“ (Serres: Die fünf Sinne, 17-18)

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In „The Night Of“ sind es die Essstäbchen, mit denen John Stone seine entzündeten Füsse kratzt, die zu einem solchen Instrument der Subjekt- und Objektivierung werden. Dabei ist das Ekzem nicht nur offensichtliche Metapher für Stones Sysyphos-Arbeit innerhalb eines Justizsystems, ob  dem man, buchstäblich, „aus der Haut fahren“ möchte. Das Kratzen mit den Stäbchen an den Füssen als Moment einer mikroskopischen Ich-Verschiebung, ist zugleich Sinnbild für das, worum sich die Serie auch im Grossen dreht: Was tun, wenn man sich selber nicht mehr erkennt. Kann man sich, von sich selbst abstossen? Die Geschichte von Stones Klient Nasir Khan, der – unschuldig? – des Mordes an einer jungen Frau verdächtigt wird, ist vor allem eine Geschichte darüber, wie wenig es braucht, das eigene „Ich“ zu verrücken. Die eigene Identität ist keine gefestigte Position, sondern ändert sich mit nur einer falschen Bewegung, auf den Strassen Manhattans ebenso, wie in den Zellen des Gefängnisses. An kleinsten Kratzern hängen nicht nur ganze Beweisketten, sondern nicht weniger als die eigene Existenz.

[Der frühere Kurz-Essay zu John Turturro findet sich hier: Körper-Arbeit. Zum Kino von und mit John Turturro]

Helen Scott: Die unsichtbare Dritte

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Die jüngst erschienen Artikel über François Truffauts legendäres Hitchcock-Buch“Le Cinéma selon Hitchcock“ (welches dieses Jahr sein 50-Jahr-Jubiläum feiert) unterschlagen allesamt die Rolle, welche Helen Scott bei diesem Buchprojekt gespielt hat. Auch in Kent Jones‘ Dokumentarfilm „Hitchcock/Truffaut“ über das Buch und seine Wirkung bleibt Helen Scott die unsichtbare Dritte, welche man zwar zuweilen in den eingespielten Clips der Interview-Tapes zu hören kriegt, über die man im Film aber nichts erfährt. Wer sich indes die Aufnahmen des Gesprächs selber anhört, wird merken, dass die Frau, die mit den beiden Regisseuren am Tisch sass, ganz offensichtlich mehr ist als nur eine Übersetzerin. Tatsächlich wäre die Geschichte von Helen Scott selber durchaus einen Dokumentarfilm wert (ein entsprechendes, wenn auch bescheidenes Projekt dazu ist offenbar bereits in Planung). Um ein erstes Gefühl zu kriegen, was für eine eindrückliche Person Helen Scott war, lese man den kurzen Nachruf in der New York Times in dem man beispielsweise erfährt:

She was born in New York and reared in Paris, where her father was a correspondent for The Associated Press. During World War II, Mrs. Scott broadcast for the Free French from Brazzaville, the Congo. After the war, she served as press attache for Chief Justice Robert Jackson at the Nuremberg Trials of German war criminals. Later, she became a senior editor at the United Nations.
Between 1959 and 1965, Mrs. Scott was director of public relations for the French Film Office in the United States. For her wartime service as a radio brodcaster and her role in French film making, the French Government awarded her La France Libre Medal in 1965. Last year, she was named Chevalier des Arts et des Lettres.

Oder man konsultiere den Eintrag zu ihr in Laurent Bourdons hilfreichem „Dictionnaire Hitchcock“ (erschienen 2007 bei Larousse).

Kannibalismus, akustisch

 

„They had devoured parts of him. Torn or cut parts of him away with their hands or knives or maybe those jagged tin cans they made music with, they had torn bits of him away and stuffed them into those gobbling fierce little empty black mouths of theirs. There wasn’t any sound any more…“ so liest sich das in dem Einakter „Suddenly Last Summer“ von Tennessee Williams, welcher dem Film von Joseph L. Mankiewicz als Vorlage diente. Der Film indes zeigt diesen grausigen Akt des Menschenopfers nicht im Bild. Der Film verlagert die Gewalt woanders hin: auf die Tonspur. Was sie getan habe, hören wir die Stimme des Psychiaters seine Patientin fragen. Sie stammelt: „Then I… I… then I…“ und dann zerreisst ein markerschütternder Hilfeschrei den ganzen Film. Vielleicht der schrecklichste Schrei der Filmgeschichte. Unmenschlich verzerrt, klirrend und hallend scheint der Schrei von überall zu kommen und nirgends…

Weiterlesen: „Stimmen hören“ in Filmbulletin 2.16

Show Me Psychosis

L0020546 Paul Richer, 'Gonflement du cou chez un hysterique' Credit: Wellcome Library, London. Wellcome Images images@wellcome.ac.uk http://wellcomeimages.org 'Contracture... provoquee l'etat de veille...' Gonflement du cou chez un hysterique Nouvelle iconographie de la Salpetriere Paul Richer Published: 1889 Copyrighted work available under Creative Commons Attribution only licence CC BY 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

„…Übertragung freilich, so weiss die Psychoanalyse nur zu gut, funktioniert immer in beide Richtungen. Nicht nur der Patient überträgt seine Wünsche und Fantasien auf den Analytiker – das Spiel geschieht unweigerlich auch umgekehrt. Und es sind nicht zuletzt Bilder, die hier hin und her gesendet werden. Auch Charcots Fotostudien an der Salpêtrière sind Zeugnisse einer solchen erotisch aufgeladenen Übertragung, wo sich der weibliche Körper dem männlichen Blick so zu sehen gibt, wie dieser ihn gerne sehen möchte. Show me yours, I show you mine. Oder, wie es beim irre gewordenen Psychiater Hannibal Lecter in „Silence of the Lambs“ heissen würde: „Quid pro quo“. Was sich bei Charcot in Fototechnik überträgt ist nicht weniger als die Übertragung selbst.“

Weiterlesen: Bilder geben. Übertragungen zwischen Film und Psychiatrie.